Energieeffiziente Fahrplanoptimierung bei der Nürnberger U-Bahn

Mit innovativen Algorithmen den Gesamtenergiebedarf senken

Energieeffiziente Fahrplanoptimierung bei der Nürnberger U-Bahn
© MEV-Verlag, Germany

Der Traktionsenergieverbrauch, also der Strom, der zum Antrieb der Züge verwendet wird, ist der wichtigste Kostenfaktor in der Stromrechnung eines Schienenverkehrsunternehmens. Er wird in erster Linie durch die Fahrweise der Züge bestimmt. Aber auch eine energieeffiziente Koordination des Zugverkehrs kann durch sein Rückspeisungspotenzial entscheidend zur Kostensenkung beitragen. In dem Projekt haben Experten für mathematische Optimierung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS zusammen mit der VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft daran gearbeitet, durch eine effizienten Fahrweise in Verbindung mit einer intelligenten Koordination aller Bahnen den Energieverbrauch der Nürnberger U-Bahn zu senken.

In der Kombination liegt der Schlüssel: Energieeffiziente Fahrweise plus erhöhte Rückspeisequote

Der Energieverbrauch von Zügen und Bahnen lässt sich durch energieeffiziente Geschwindigkeitsprofile wesentlich senken. Dazu gehört die möglichst ausgiebige Nutzung von Ausrollphasen, denn in diesen verbraucht der Zug keine Traktionsenergie. Durch eine intelligente Synchronisation von ankommenden mit abfahrenden Zügen kann außerdem die beim Bremsen zurückgespeiste Energie eines Zuges für die Beschleunigung eines anderen genutzt werden. In der optimalen Kombination von energieeffizienter Fahrweise und Erhöhung der Rückspeisequote liegt daher ein enormer Hebel zur Energie- und Kosteneinsparung.

Deshalb wurde für die VAG eine Software entwickelt, die einen energetisch optimal ausgerichteten Fahrplan ausgeben kann. Die verbleibenden Freiheitsgrade in der Fahrplanerstellung werden dafür so genutzt, dass folgende Ziele erreicht werden:

  • Senkung der Spitzenstrombedarfe im Versorgungsnetz durch Vermeidung zu vieler zeitgleicher Abfahrten im Netz
  • Senkung des Gesamtstrombedarfs durch optimierte Wahl der Fahrtzeiten auf den einzelnen Strecken und optimierte Setzung der Haltezeiten in den Stationen
  • Erhöhung des nutzbaren Anteils der Bremsenergie durch gezielte zeitliche Synchronisation von abfahrenden mit ankommenden Zügen

Mit Mathematischer Optimierung Energie sparen

Die hier angewandten Methoden basieren auf einem früheren Forschungsprojekt an der FAU (E-Motion), bei dem die Frage untersucht wurde, ob durch geringfügige Anpassungen im Fahrplan die Spitzenstrombedarfe im Bahnstromnetz reduziert werden können. So sollten Potenziale für die Reduktion der Strombereitstellungskosten aufgezeigt werden. Zu diesem Zweck wurden passende mathematische Optimierungsmodelle erstellt, analysiert und gelöst. Diese basieren auf sogenannten Cliquenproblemen in Graphen, als die sich die zu findenden Fahrpläne kodieren lassen. Aus diesem Vorgängerprojekt resultierte eine maßgeschneiderte, prototypische Softwareimplementierung, die energetisch optimierte Fahrpläne ausgeben konnte. Tatsächlich konnte damit gezeigt werden, dass mit leichten Verschiebungen in den Abfahrtszeiten der Züge (um bis zu 3 Minuten) signifikante Reduktionen der Spitzenlast möglich waren.

Weiterentwicklung der Methoden im ADA Lovelace Center

Diese erfolgreiche Arbeit an den zu Grunde liegenden mathematischen, graphentheoretischen Fragestellungen hat das ADA Lovelace Center aufgegriffen und entwickelte im Projekt »Fahrerassistenzsysteme im Schienenverkehr« die Methoden weiter. Ein tieferes Grundlagenverständnis der mathematisch-abstrakten Aufgabenstellung ermöglicht darauf aufbauende Projekte mit der Wirtschaft, um beispielsweise noch komplexere Fahrplanfragestellungen zu betrachten sowie verwandte Aufgaben, z.B. aus der Produktionsplanung eines Industriebetriebes, zu lösen.

Die VAG Nürnberg als optimaler Partner

Vor allem für automatisch fahrende Bahnen wie die Nürnberger U-Bahn lassen sich Brems- und Beschleunigungsvorgänge sehr genau steuern. Hierfür wurde von den Experten eine Software entwickelt, die es mittels innovativer algorithmischer Methoden der mathematischen Optimierung ermöglicht, den gegebenen Fahrplanentwurf durch Nachjustieren der Abfahrts- und Streckenfahrzeiten energetisch optimal auszurichten. Dazu wurden bestehende reale Verkehrs- und Verbrauchsdaten herangezogen, ausgewertet und in Optimierungsmodelle überführt. Diese entwickelten Optimierungsmodelle zeigen ein signifikantes Einsparpotenzial im Energieverbrauch auf, dessen Hebung sich für die VAG in deutlich niedrigeren Stromkosten auszahlt. Unter optimalen Bedingungen ist so eine signifikante Reduktion des Verbrauchs möglich.

Methoden anwendungs- und branchenübergreifend einsetzbar

Die entwickelten mathematischen Verfahren lassen sich ebenso auf das Wartungsmanagement der Züge übertragen. Die Rolle der begrenzt verfügbaren Ressource, deren Einsatz optimiert werden soll, übernimmt hierbei statt der Energie der Faktor Personal- und Maschineneinsatz. Aber auch für andere Branchen ist die hier entwickelte Technik interessant: In der industriellen Fertigung beispielsweise wird jeder größere produzierende Betrieb vom Stromanbieter neben dem Gesamtenergieverbrauch auch für seine Spitzenstrombedarfe bepreist. Durch ein optimiertes Lastmanagement, d.h. eine optimale zeitliche Auslegung des Maschineneinsatzes, lassen sich auch hier in signifikantem Umfang Stromkosten einsparen. Somit sind vielfältige Möglichkeiten für eine Anschlussnutzung der Ergebnisse gegeben.

Projektpartner

Im Projekt »Energieeffiziente Fahrplanoptimierung im Nürnberger U-Bahn-Verkehr« haben die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS gemeinsam mit der VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg, einer Tochterfirma der Städtischen Werke Nürnberg, daran gearbeitet, den Stromverbrauch des Nürnberger U-Bahn-Systems zu senken. Die beiden Einrichtungen bündeln dabei ihre Expertise in der Entwicklung mathematischer Optimierungsalgorithmen und deren Umsetzung in die Praxis.

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Interview mit Frederik Nöth, Referent Technik und Innovation, VAG

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