Was sind die Potenziale für den Einsatz von KI und ML in logistischen Prozessen? Wie schlau wird die Logistik? Diesen Fragen ging das Forum TechBox in unterschiedlichen Vorträgen sowie in der daran anschließenden Podiumsdiskussion nach:
Vortrag 1: »Mit Machine Learning auf volatile Prozessanforderungen reagieren«
Logistikunternehmen haben mit teils extrem volatilen Bedarfen zu kämpfen. Dies führt zu Über- und Unterlastung eingesetzter Ressourcen. Wie Disponenten mithilfe datenbasierter Prognose- und Optimierungslösungen Ressourcen effizienter einsetzen und so Kosten sparen sowie die Kundenzufriedenheit erhöhen können, war Thema des Vortrags von Matthias Goldhan, Senior Engineer bei Fraunhofer SCS.
Vortrag 2: »Sendungen automatisieren mit optischen Erkennungstechnologien«
Dr.-Ing. Christian Schaller, CEO & Co-Founder der Metrilus GmbH, Erlangen, stellte MetriXFreight vor und erklärte, wie damit die Automatisierung von Sendungen mithilfe optischer Erkennungstechnologien funktioniert.
Vortrag 3: »ADA-Center und Analytics-Anwendungsfälle aus der Logistik«
Uwe Veres-Homm, Geschäftsfeldkoordinator Logistik, Transport und Mobilität bei Fraunhofer SCS, stellte das ADA-Center vor − eine neu geschaffene Einrichtung für Analytics und KI-Fragestellungen in Bayern – sowie Anwendungsfälle aus der Logistik, bei denen Mehrwerte durch den Einsatz von Analytics-Methoden geschaffen werden konnten.
Podium: Potenziale für den Einsatz von KI und maschinellem Lernen (ML) in logistischen Prozessen
Die Podiumsdiskussion ging nochmals ganz dezidiert den Potenzialen für den Einsatz von KI und ML in logistischen Prozessen nach. Was ist der Stand von KI und ML in industrieller Anwendung und Forschung? Wo genau liegen die Bedarfe an KI und ML in der Logistik? Was verhindert den breitflächigen Einsatz von KI? Wie finden Unternehmen heraus, wo ihre Datenschätze liegen? Wie finden mehr Ergebnisse aus der Forschung ihren Weg in die Unternehmen?
Expertenmeinung zum Thema KI und Arbeitsplätze
KI – unter diesem Begriff werde eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen subsummiert, die auf Verfahren von ML, Computer Vision oder anderen beruhen und unterschiedliche Vernetzung- bzw. Komplexitätsgrade aufweisen. In der Logistik kämen speziell Optimierungen, z.B. für Routen oder Lager zum Einsatz, die logistische Prozesse und Abläufe verbesserten. Hier seien aber keine Arbeitsplätze in Gefahr – ganz im Gegenteil: KI-basierte Anwendungen kämen überwiegend in Bereichen und Tätigkeitsfeldern zum Einsatz, in denen die Mitarbeiterakquise zunehmend schwerer sei. Hier lägen nach Aussagen der Podiumsteilnehmer auch die Chancen von KI: In Zeiten zunehmender Arbeitskräfteknappheit und Priorisierung des Nachhaltigkeitsgedankens böte KI die Chance, Effizienzen zu heben und logistische Prozesse wirtschaftlicher zu gestalten (z. B. durch die Vermeidung von Leerkilometern).
Herausforderung Daten − Qualität, Verfügbarkeit und Gewinnung
Daten sind Gold, wenn die richtigen Schätze gehoben werden. Dafür müssen aber die richtigen Daten und vor allem qualitativ hochwertige Daten an den richtigen Stellen erfasst werden. Hemmschuh sei allerdings häufig die mangelnde Datentransparenz bzw. Datenverfügbarkeit. So zählt das Thema Datengewinnung zu der derzeit größten Herausforderung, war sich das Podium einig. Dazu sei auch das Thema Datenbasis noch nicht optimal gelöst: Diese sei zum Teil innerhalb einzelner Unternehmen sehr disparat. Hier eine unternehmensintern einheitliche, transparente Datenbasis zu schaffen, sei der erste Schritt für Einsparpotenziale.
Herausforderung Alltagsgeschäft − Zeit und Prozesse
Allerdings sei die Schlagzahl im operativen Tagesgeschäft derartig hoch, dass den Logistikern nicht immer die Zeit bliebe, sich mit dem Mehrwert auseinanderzusetzen, den Daten böten bzw. mit der grundlegenden Frage, inwieweit deren Erfassung und Auswertung zu einer Optimierung von Prozessen beitragen könne. Hier sei es durchaus auch Auftrag der Forschungs- bzw. Projektpartner, bei der Bewusstseinsbildung für die Bedeutung von Daten mitzuwirken und die Hürde bei der Erhebung von Daten zu senken. Denn funktionierende bestehende Prozesse dürfen durch die Erfassung nicht gestört werden.
Herausforderung unternehmensübergreifender Austausch − Start-ups und Digital Natives als Chance
Besonders große Potenziale sehen die Experten auch beim Datenaustausch über Unternehmensgrenzen hinweg – entlang der ganzen Supply Chain. Hier stünde die Logistik aber noch am Anfang. Insbesondere der deutsche Mittelstand sei hier sehr vorsichtig. Die Begrenzungen durch bestehende Compliance-Richtlinien müssten natürlich respektiert werden, aber darüber hinaus gäbe es viele Einsparpotenzale zu heben. Die Podiumsteilnehmer sprachen hier Start-ups und Digital Natives Chancen zu, mit ihrem agilen und vernetzten Denken ein neues Mindset zu etablieren. Für den Transfer von Forschungsergebnissen in den Logistikmarkt böte auch das ADA-Center eine große Perspektive durch die Vernetzung von Wissenschaft und Praxis und die gemeinsame Arbeit an Use Cases rund um KI.