Service Excellence in der »Industrie 4.0«
Warum Kundenwissen den Wettbewerb von Morgen bestimmt
Dynamischer Wandel des industriellen Wettbewerbsumfelds
Wenn die Unternehmensberatung McKinsey in einer kürzlich erschienenen Studie den »Tod der Skalen« ausruft und die intelligente Gewinnung und Nutzung von Informationen zum zentralen Werttreiber der Zukunft kürt, wird deutlich warum die »vierte industrielle Revolution« ein bestimmendes Thema in den Chefetagen deutscher Unternehmen ist. Durch die zunehmend globale Konkurrenz sinken Produktmargen bis nah an die Gewinnschwelle, gleichzeitig verlangen Kunden nach der Bedienung immer individuellerer Bedürfnisse und sind an der Leistungserstellung sogar direkt beteiligt. Neue Technologien wie der 3D-Druck lassen die Grenzkosten industrieller Produktion dahinschmelzen, innovative Geschäftsmodelle brechen etablierte Wertschöpfungsnetzwerke auf und lassen die Grenzen zwischen Lieferant, Kunde und Konkurrent verschwimmen.
Chancen durch innovative Services
In einem derart dynamischen Umfeld bietet Industrie 4.0 Unternehmen die Chance durch intelligente Vernetzung, Datengenerierung und -auswertung neue Potenziale zu erschließen. Individuell angepasste Problemlösungen bringen Kundenwünsche in Reichweite, die mit einem Standardprodukt nicht erfüllt werden können und erlauben dadurch innovativen Anbietern sich erfolgreich für den Wettbewerb der Zukunft zu positionieren. Dabei werden datenbasierte Dienstleistungen eingesetzt, um den Kunden über die reine Funktionalität des Produkts hinaus in seinen Geschäftsprozessen zu unterstützen. Immer im Zentrum dieser digitalen Hilfsmaßnahmen: die Steigerung der Effektivität des Wertschöpfungsnetzwerks auf Basis zuvor nicht verfügbarer Informationen. Die intensive Verknüpfung bis hin zur Integration der eigenen Geschäftsprozesse mit denen des Kunden stellt Unternehmen vor die Aufgabe, den Kunden viel stärker als bisher in seinen individuellen Geschäftsprozessen und Bedürfnissen zu verstehen und in der Entwicklung, dem Vertrieb und der Erbringung der Dienstleistung auf diese individuellen Eigenheiten einzugehen.
Kundenwissen als zentraler Erfolgsfaktor
Viele der dafür notwendigen Informationen sind jedoch nicht datenbasiert und können daher auch nicht einfach über ein Datenkabel aus den Produkten »gesaugt« werden. Im Gegenteil: Um das für die Industrie 4.0 so wichtige Kundenwissen zu gewinnen sind gezielte organisationale Maßnahmen erforderlich. So müssen beispielsweise Mitarbeiter geschult, Prozesse geschaffen und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit gefördert werden. Die Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services erforscht seit dem Jahr 2014 gemeinsam mit einer Gruppe von Maschinenbauern im »Industrial Services Excellence Circle« (ISEC) die Herausforderungen, denen Unternehmen bei der Entwicklung und dem Angebot neuartiger Geschäftsmodelle begegnen. Hier treffen sich Geschäftsführer und Service-Leiter, die im Bereich industrieller Dienstleistungen neue Wege beschreiten und gemeinsam Lösungsansätze für aktuelle Herausforderungen der betrieblichen Praxis erarbeiten möchten. Um Herausforderungen und Hindernisse auf dem Weg zu einer effektiven Nutzung von Kundenwissen zu identifizieren wurde im Rahmen des ISEC gemeinsam mit der BHS Corrugated Maschinen- und Anlagenbau GmbH eine Fallstudie erarbeitet. Markus Winkler, Operation Services Director bei BHS, wird im nächsten Workshop am 25. November 2015 erklären, warum Kundenwissen eine zentrale Rolle für sein Unternehmen spielt und welche Impulse er sich durch dessen effizientere Nutzung erhofft. Die im Vorfeld erarbeitete Fallstudie dient als Ausgangspunkt für die gemeinsame Entwicklung von konkreten Lösungsansätzen. So sollen die Teilnehmer des ISEC dem »Tod der Skalen« entkommen und ihr Unternehmen stattdessen mit einer »Service-Infusion« fit für die kundenorientierte Zukunft der Industrie 4.0 machen.