Mehr Mobilität im ländlichen Raum durch intelligente Datennutzung und -analyse
Mobilität ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Wir finden sie in allen Lebenslagen – umso nachhaltiger ist der Einfluss von Einschränkungen auf unsere Lebensqualität. Im ländlichen Raum, der besonders vom demographischen Wandel betroffen ist, ist die Sicherstellung der Mobilitätsversorgung eine entsprechend große und wichtige Aufgabe. Auch hier bietet die Digitalisierung neue Möglichkeiten, die Ressourcen des Personennahverkehrs effizienter zu nutzen und neue Konzepte umzusetzen. Im Projekt »MobiDig – Mobilität Digital in Hochfranken« werden Ideen zur Prognose und Optimierung des Linienverkehrs sowie bedarfsgesteuerter Angebote untersucht und anhand eines Testbetriebs auf ausgewählten Strecken in der Modellregion Hochfranken erprobt.
Das Projekt wird von der Arbeitsgruppe SCS und der Abteilung Breitband und Rundfunk des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS gemeinsam mit der Hochschule Hof, der TU München, dem Landkreis Wunsiedel sowie dem Landkreis und der Stadt Hof seit August 2017 bearbeitet. Zentrales Element ist ein sogenannter Data Lake als integrierte Datenbasis, der aus verschiedenen Datenquellen gespeist wird. So können Mobilitäts- und Bedarfsprognosen erarbeitet und neue Ideen wie Sharing-Konzepte, Crowd Sourcing oder autonom fahrende bedarfsgesteuerte Verkehre entwickelt werden.
Die Fraunhofer-Arbeitsgruppe SCS bringt dabei ihre Expertise in den Bereichen Mobilität und Tourenplanung, Datensammlung und Datenauswertung, Künstliche Intelligenz sowie Entwicklung und Erprobung datengetriebener Konzepte und Services ein:
Algorithmen für eine effizientere Verkehrsplanung
So entwickeln die Experten von Fraunhofer SCS für das Themenfeld der bedarfsgesteuerten Mobilitätsangebote eine algorithmische Lösung zur optimierten Planung von Fahrten. Mit Methoden des Maschinellen Lernens wird dieser Algorithmus um eine Prognosemodell für eine solche Art von Bedarfsverkehren ergänzt, das zusätzlichen Input für die Optimierung liefern kann. Einen vielversprechenden Ansatz liefern hierbei insbesondere künstliche neuronale Netze. Mit Hilfe der Prognosen und Optimierungen sollen die Verkehre vor allem effizienter werden, um so das Mobilitätsangebot verbessern zu können.
Prognose von Fahrgastzahlen für zielgerichtete Angebote
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt in der Prognose von Fahrgastzahlen für Linienbusse. Auch hier kommen Verfahren der künstlichen Intelligenz zum Einsatz. Ziel dieser Art von Prognosen ist aber nicht die Steigerung der Effizienz, sondern vielmehr die Identifikation von bisher nicht bedienten Mobilitätsbedarfen, die von den üblichen Verfahren zur Bedarfsidentifizierung nicht erkannt werden können. So sollen Anbieter von Linienverkehren in die Lage versetzt werden, ihr Angebot zielgerichtet weiter auszubauen. Durch die Identifikation solcher bisher unbekannter Bedarfe, können im Idealfall Linienverkehre eingerichtet werden, die sich wirtschaftlich selbst tragen und nicht oder nur zu einem geringen Teil auf öffentliche Gelder angewiesen sind. Wirtschaftlich tragfähige Linienverkehren sind in besonderem Maße für ländliche Regionen relevant: Gerade dort, sind die Haushaltskassen oft knapp bemessen, so dass der Betrieb von dringend benötigten ÖPNV-Angeboten stark limitiert werden muss.
Crowd-Sourcing und Sharing-Lösungen für innovative Service-Ideen
Neben dem Einsatz mathematischer Verfahren zur Prognose und Optimierung des ÖPNV ist Fraunhofer SCS auch für die Entwicklung und Integration innovativer Konzepte zur Verbesserung der Nahverkehrssituation zuständig: Dafür werden aktuelle Crowd-Sourcing und Sharing-Ansätze analysiert und auf ihre Eignung für den Einsatz im ländlichen Raum hin untersucht. So wurde zum Beispiel ein Morphologischer Kasten für Sharing-Konzepte entwickelt. In diesem sind alle konstituierenden Eigenschaften und mögliche Ausprägungen von Sharing-Services im Mobilitätsbereich zusammengetragen. Auf diese Weise können neue Konzepte aus bestehenden Elementen zusammengestellt werden, z. B. hinsichtlich der eingesetzten Fahrzeuge (Fahrrad, E-Roller, Auto) oder der Fahrzeugstandorte (Floating-Modell vs. Feste Standorte). Interessierte Kommunen und Privatunternehmen haben damit ein Werkzeug an der Hand, um passgenaue Sharing-Lösungen zu schaffen.