Nachhaltigkeit in der digitalisierten Supply Chain

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Nachhaltigkeit als Grundlage für eine zukunftsfähige Versorgung von Menschen ist kein Nischenthema mehr, sondern in den letzten Jahren weltweiter Konsens geworden. Gleichzeitig hat sich auch in der Definition des Begriffs als Dreiklang aus Ökonomie, Ökologie und Soziologie der Werte- und Zielkorridor verschoben.

So nehmen Unternehmen neben dem wirtschaftlichen Aspekt zunehmend ihren ökologischen und sozialen Auftrag in den Blick. Wie kann das einzelne Unternehmen beispielsweise mit einem Kreislaufwirtschaftsansatz maximal ressourcenschonend agieren? Wie können Mitarbeiter so integriert und motiviert werden, dass sich nachhaltige Organisationen entwickeln? Auf diesen Wandel reagiert auch die Politik mit entsprechenden Initiativen, Gesetzen und Förderungen.

Unternehmen sehen sich damit nicht nur durch gesellschaftlichen Druck und Wertewandel sowie daraus resultierenden Kundenanforderungen bestärkt, nachhaltig zu wirtschaften, sondern werden auch durch rechtliche Vorgaben zunehmend dazu verpflichtet.

Mit Daten zu mehr Nachhaltigkeit

Damit aber tatsächlich die ökologische und soziale Nachhaltigkeit in der Form gesteigert werden kann, dass sie den heutigen Bedürfnissen der Menschen und Unternehmen gerecht wird, braucht es aus Sicht unserer Arbeitsgruppe eine zirkuläre Wertschöpfung, bei der Daten die zentrale Rolle spielen. Denn mit Daten können Prozesse, Organisationen und Systeme so effizient, ressourcenschonend und sozial gestaltet und gesteuert werden, dass sich viele der aktuellen Herausforderungen im Sinne des gewandelten Nachhaltigkeitsansatzes lösen lassen werden; insbesondere, wenn sie in einem Kreislaufsystem, das auf möglichst wenige Verluste ausgerichtet ist, organisiert sind.

 

Digitalisierung als Voraussetzung für eine effiziente Data Value Chain

So braucht es also eine Wertschöpfung, die die gesamte Data Value Chain von der Erhebung und Strukturierung der Daten, über die Verarbeitung durch Analytics Methoden bis hin zu neuen datengetriebenen Geschäftsmodellen und Services unter dezidierte Einbindung und Berücksichtigung des Menschen abdeckt.

Digitalisierung spielt in diesem Kontext eine tragende Rolle, denn sie ist Voraussetzung für ein erfolgreiches Agieren in zirkulären Wertschöpfungssystemen, da sie die dafür notwendige Konnektivität und umfassenden Analysemöglichkeiten relevanter Daten garantiert. Mit IoT-Technologien stehen bspw. den produzierenden Unternehmen genügend Enabler zur Verfügung, mit denen sie zukünftig nicht nur effiziente, sondern auch nachhaltige Beschaffungs-, Produktions- und Distributionsprozesse bei sich etablieren können.

 

Unsere Forschungen im Kontext einer nachhaltigen Supply Chain

Mit diesem Verständnis im Hintergrund forschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Arbeitsgruppe für Supply Chain Services an unterschiedlichsten Ansatzpunkten zur Entwicklung einer datenbasierten nachhaltigen Supply Chain.

Data Analytics und Geschäftsmodellentwicklung für eine smarte Circular Economy

Circular Economy wird im EU Green Deal nicht nur als Treiber einer nachhaltigen Wirtschaftsweise angesehen, sondern steht gleichzeitig auch für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit. Denn ihr wird das Potenzial zugerechnet, die heutigen Emissionen zu halbieren und damit ökonomische und ökologische Ressourcen zu schonen. Circular Economy umfasst dabei als Schirmkonzept die sogenannten R-Strategien, die je nach Auslegung u. a. Re-use, Remanufacture oder Recycling umfassen. Um die Kreisläufe innerhalb eines Wertschöpfungsnetzwerks nachvollziehen, schließen und dabei Informationsasymmetrien auflösen zu können, ist es essentiell, Daten entlang des Lebenszyklus von Produkten mit Hilfe von IoT-Technologien zu erheben, diese auszuwerten und innerhalb des Netzwerks den relevanten Stakeholdern bereitzustellen, die Circular Economy also digitalisiert und datengetrieben zu gestalten. Die an unserer Arbeitsgruppe erforschten Data Analytics Methoden wie Forecasting for Remanufacturing und Inventory Control for Manufacturing und neue Geschäftsmodelle wie smarte Produkt-Service Systeme (sPSS) leisten einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung dieser smarten Circular Economy.

Referenzen:

Greenwashing auf dem Prüfstand: Metriken zur Nachhaltigkeitsbewertung

Wir erforschen, wie sich durch Ansätze des Text Mining ein wahrheitsgetreues Bild zum Stand der Nachhaltigkeit von Unternehmen und branchenspezifisch im Kontext der Logistik ermitteln lässt. Eine  Forschungsstoßrichtung stellt die Entwicklung von Metriken zur objektiven Bewertung dar. Das Generieren von verfälschten Abbildern der Realität (Stichwort »Greenwashing«) soll durch die Verknüpfung unterschiedlicher Datenquellen methodisch gelöst werden. Zentrale Überlegungen hierzu sind die geeignete Auswahl notwendiger Indikatoren/Kennzahlen, orientiert an gängigen Nachhaltigkeitsstandards, die eine umfangreiche Bewertung der Nachhaltigkeit ermöglichen. Einzelne Quellen werden hinsichtlich ihrer Relevanz für eine objektive, wahrheitsgetreue Abbildung sowie ihrer Aktualität und Verfügbarkeit kritisch auf den Prüfstand gestellt.

Methoden zur Mitarbeiterzentrierung für eine soziale Organisationsentwicklung

Neue nachhaltige Prozesse im Unternehmen, angestoßen durch Technologien oder veränderte Organisationsziele, stoßen einen Change-Prozess für Mitarbeitende an. Wir analysieren und optimieren mit Hilfe von datenbasierten Methoden Prozesse und Arbeitsumgebungen aus einer mitarbeiterzentrierten Perspektive, um einen nachhaltigen Change in eine grüne und soziale Unternehmenskultur zu realisieren.

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Transparente Lieferketten durch Data Science

Mit der Verabschiedung des sog. Lieferkettengesetzes und der ESG Reporting-Pflicht der EU wächst die Bedeutung einer transparenten Lieferkette. Eine automatisierte Erfassung zur Transparenz von Lieferketten ist denkbar. Zudem ist die Forschung zur Transparenz/Visibilität nicht nur im Kontext von gesamten Versorgungsketten, sondern auch mit Blick auf einzelne Aspekte solcher Ketten möglich. Die Qualität und Nachvollziehbarkeit der Lieferkettendaten spielt dabei eine wichtige Rolle. Mithilfe von datengetriebenen Methoden kann die Datenbasis von Lieferketten verbessert und mögliche Risiken fehlender Informationen können abgeschätzt werden.

 

Grüne Energiesysteme durch Energy Control

Die zunehmende Diversifizierung des Energiemarktes stellt unsere Gesellschaft, die zuständigen Netzbetreiber, sowie den Staat vor grundlegende Herausforderungen. Um die Energieinfrastruktur nicht zu überlasten und energieeffizient zu nutzen, forschen wir einerseits an Verfahren, mit deren Hilfe der Strom- und Wärmebedarf in Deutschland auf verschiedenen Ebenen und über verschiedene Zeithorizonte möglichst akkurat vorhergesagt werden kann. Andererseits arbeiten wir an mathematischen Optimierungsverfahren, um die Nutzung verschiedener Energiequellen im industriellen Betrieb effizient zu steuern.

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Grüne Transportlogistik durch Analytics

Das anhaltende starke Wachstum des Straßengüterverkehrs ist ein wesentlicher Mitverursacher von Infrastruktur- und Umweltbelastungen sowie von Verkehrsproblemen. Mit einer Reduktion der rund 151 Mio. Leerfahrten pro Jahr könnte die Transportlogistik nachhaltiger organisiert werden. Deshalb forschen wir mit Hilfe von mathematischer Optimierung, Transportprognosen und Prozessanalysen an der Konsolidierung von Aufträgen und bestehenden Transportnetzen wie auch an der Verlagerung von Güterströmen auf die Schiene durch effizientere Prozessabwicklung in Terminals des Kombinierten Verkehrs (KV).

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