Über die Bedeutung von Software und Daten

Das Logistik Forum 2017 und die Logistics Innovation Night im Rückblick

Digitalisierung verändert die Supply Chain: Die möglichst effiziente und effektive Einbindung von Technologien in interne wie externe Unter-nehmensprozesse ist dabei aber nur ein Aspekt von vielen. Nicht umsonst fällt in diesem Zusammenhang regelmäßig der Begriff der »disruptiven Innovation«, die oft anfangs unbemerkt, letztendlich die Spielregeln auf einem bestimmten Markt grundlegend verändert. Digitalisierung wirkt sich also ebenso auf bisher etablierte Geschäftsmodelle und Services, auf Vermarktungs- und Ausbildungsstrategien, das Partnernetzwerk oder auch die Zusammenarbeit mit den eigenen Kunden aus. Das Motto des Logistik Forums in Nürnberg lautete deshalb passenderweise »Smart Services in der Logistik«. Veranstaltet wird der Kongress durch den CNA e.V.; die Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services SCS trat bereits zum zweiten Mal als Kooperations-partner auf. In diesem Rahmen fand am Abend des ersten Veranstaltungstages auch die Logistics Innovation Night von Fraunhofer SCS im institutseigenen Test- und Anwendungszentrum L.I.N.K. statt. Knapp 200 Logistik-Experten waren der Einladung gefolgt, um sich an zwei Tagen im Juli über neueste Forschungsergebnisse und Entwicklungen auf diesem Gebiet auszutauschen.


Zunehmend vernetzte Welt

Kongress wie Abendevent zeigten einmal mehr: Die Welt wird sich zunehmend weiter vernetzen; und mit dieser Vernetzung wächst auch die Bedeutung von Software und Daten.
Laut Keynote Larry Terwey, loT Global Blackbelt bei Microsoft, sollten Unternehmen deswegen jedoch nicht in Aktionismus verfallen und die Digitalisierung per se vorantreiben, sondern vielmehr einen klaren Anwendungsfall mit konkreten Anforderungen an die zu verwertenden Daten definieren. Erst darauf könne eine sinnvolle IoT-Strategie mit der richtigen Technologie-, Software- oder Architekturauswahl aufgebaut werden.
Prof. Dr. Alexander Pflaum, Leiter der Fraunhofer SCS und Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Supply Chain Management, an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, ging nachfolgend sogar noch einen Schritt weiter, indem er eine datenbezogene Unternehmensvision voranstellte, die es brauche, um die Anwendungsfälle daran ausrichten zu können. Letztendlich verändere sich durch die digitale Transformation das Werteversprechen eines Unternehmens. Das Produkt allein nehme nicht mehr die zentrale Stellung ein, sondern produziere nun vielmehr Daten, die wiederum genutzt werden könnten, um neue Services und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Hier gelte es, einen Data-Live-Cycle zu entwickeln, der die Daten von ihrer Entstehung bis zu ihrer anwendungsbezogenen Verwertung abbilde.
In diesem Zusammenhang räumte Pflaum auch gleich mit einer immer noch weit verbreiteten Annahme auf, dass die Verarbeitung von Daten nichts kosten dürfe, schließlich seien diese in den Unternehmen bereits vorhanden: »Man muss in Daten wie in andere Assets auch investieren, um daraus Werte schöpfen zu können – das ist Betriebswirtschaft und eine ganz simple Geschäftslogik«.

 

Die Logistik als Treiber oder Getriebene?

In der anschließenden Podiumsdiskussion »Smarte Services – Ist die Logistik Treiber oder Getriebene?« ging es um die Frage, wer letztendlich den Wettbewerb um die Daten gewinnt: Die Logistik-Branche oder ihre Mitstreiter aus einem teilweise ganz anderen Umfeld. Dass hier noch einige Arbeit vor der Branche liegt, wurde schnell deutlich. Offene Punkte waren beispielsweise die unternehmens- und plattformübergreifende Zusammenarbeit, Standardisierung, Datensicherheit und Geschwindigkeit in der Umsetzung einhergehend mit dem Wechsel der Einstellung in den Unternehmen selbst: Hier waren sich die Experten einig: Um letztendlich erfolgreich sein zu können, müsse Scheitern erlaubt sein, die Leitung und damit auch die Mitarbeiter hinter dem Thema stehen und das Bewusstsein entwickelt werden, dass Digitalisierung niemals ende.

 

Digitalisierung der Supply Chain

Konkrete Ansätze zur Digitalisierung in der Supply Chain fanden sich nicht nur in den insgesamt sechs Vortragsblöcken des Forums, sondern auch bei den Start-Rednern des zweiten Tages, Elmar Issing, SSI Schäfer Automation, und Dr. Joachim Winter vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. Dabei schlug Issing ebenfalls in die Kerbe der Disruption; hier bezogen auf die Intralogistik: Wer sich vor Augen führe, welcher Automatisierungsgrad mit Hilfe von Robotern, fahrerlosen Transportsystemen und anderen technischen Unterstützungen heute schon in einigen Anlagen Asiens anzutreffen sei, der wisse, dass die Zukunft bereits begonnen habe.

 

Logistics Innovation Night bei Fraunhofer SCS

Der Praxisbezug spielte auch bei der »Logistics Innovation Night –  L.I.N. im L.I.N.K« der Fraunhofer-Arbeitsgruppe SCS eine entscheidende Rolle: Hier konnten die Teilnehmer des Forums und Fraunhofer-Partner am Abend des ersten Kongress-tages anhand von Demonstratoren neueste Entwicklungen in der digitalisierten Produktion und Logistik direkt erleben und in entspannter Atmosphäre den Tag diskutieren.
Viel Gesprächsstoff bot dabei der Kurzvortrag zum Start des Abendevents von Daniel Krauss, Mitgründer und Geschäftsführer von FlixBus, denn der Jungunternehmer hatte einiges zum Thema Daten und Mobilität beizutragen. Als der ehemalige Microsoft-Entwickler Krauss und zwei weitere Freunde FlixBus nach dem Fall des Bahnmonopols gründeten, verfolgten sie eine klare Strategie: Sie wollten ein traditionell analoges Verkehrsmittel digitalisieren. Dafür brauchte es neben der guten Idee eigentlich »nur« eine passende Plattform, die die aktuellen technologischen Möglichkeiten, beispielsweise durch eine entsprechende App-Entwicklung, durch Online-Ticketverkaufssysteme oder optimierte Netzplanung clever nutzt. Busse als kosten- und wartungsintensiven Asset besitzt FlixBus bis heute nicht – vielmehr arbeitet das Unternehmen mit oft regionalen Partnern zusammen, die die Passagiere transportieren. 2013 fuhr bereits der erste Bus unter dem grünen Label und ist seitdem der klassische Prototyp eines auf Daten basierenden Geschäftsmodells, mit durchaus disruptiven Elementen für seine Konkurrenten.