Liebe Sarah stell dich doch bitte mal kurz unseren Studierenden der Euro-FH als Person vor.
Sarah Neumann: Mein Name ist Sarah Neumann, ich ziehe bald nach Erlangen und mein Hobby ist seit meinem dritten Lebensjahr das Eistanzen. Eistanz ist aber nicht mit Eiskunstlauf zu verwechseln, denn das macht man nur zu zweit und man konzentriert sich weniger auf das Springen. Ich habe 2014 bis 2020 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg meinen Bachelor und Master in Wirtschaftsmathematik gemacht und war nach meiner Studienzeit in der Verkehrsplanung tätig. Seit Herbst 2021 arbeite ich bei der Arbeitsgruppe für Supply Chain Services des Fraunhofer IIS als wissenschaftliche Mitarbeiterin.
Du arbeitest in der Abteilung Analytics. Was machst du dort genau?
Sarah Neumann: Ich bin in der Gruppe »Optimization« angesiedelt. Hier befassen wir uns generell mit Fragestellungen der mathematischen Optimierung und wie man diese in der Praxis einsetzen kann. Ein Forschungsprojekt, an dem ich arbeite, ist das Projekt »KITE«. Hier geht es um die Entwicklung eines Optimierungsmodells der Tourenplanung einer Spedition. Unter Berücksichtigung von Prognosedaten für potentielle Aufträge sollen Leerfahrten vermieden werden – ein Ansatz zur nachhaltigeren Logistik. Es wird geprüft, ob ein potentieller Auftrag gut in den Tourenplan integriert werden kann, sodass mögliche Potentiale zur effektiven Ressourcennutzung ausgeschöpft werden. So ist es beispielsweise erstrebenswert, für die geplanten Aufträge von Berlin nach Nürnberg und von Erlangen nach Stuttgart einen weiteren Auftrag akquirieren zu können, der von Nürnberg nach Erlangen verläuft und so die Leerfahrt zwischen den zwei fest geplanten Aufträgen ersetzt.
Darüber hinaus arbeite ich wie Laura Brouer, meine Kollegin und ebenfalls Tutorin an der Euro-FH am Projekt »OBER«, zu dem sie in ihrem Interview schon viel gesagt hat. Ein weiteres Forschungsprojekt mit dem ich mich befasse, ist »KIBA-Apotheke«. Dabei geht es um einen ähnlichen Anwendungsfall, allerdings nicht im Eisenwarengroßhandels, sondern bei Apotheken, die ihren Lagerbestand optimal planen wollen. Hier stellt sich die Frage, wann wie viel bestellt werden soll. Hierfür werden Prognosedaten der einzelnen Medikamente einbezogen (z. B. erhöhter Bedarf an Nasensprays in den kalten Monaten). Für die optimale Bestellmenge und -zeitpunkte sind insbesondere Staffelpreise sowie das Ablaufdatum der Medikamente relevant.
An welchen Forschungsthemen bist du persönlich besonders interessiert?
Sarah Neumann: Persönlich interessiere ich mich für sämtliche Transportfragestellungen. Mit der optimalen Tourenplanung hatte ich auch im Studium schon Berührungspunkte. Beispielsweise habe ich mich in meiner Masterarbeit mit der Flugbahnoptimierung beschäftigt. Unter anderem habe ich mich mit der Frage auseinandergesetzt, wie eine kostenoptimale Trajektorie (Flugbahn) gefunden werden kann. In einem theoretischen Kontext habe ich zudem zugrundeliegende Wegeproblematiken (z. B. zur Konfliktvermeidung) untersucht. Darüber hinaus bin ich offen für viele weitere anwendungsbezogene Probleme.
Was begeistert dich an diesen Themenfeldern? Hast du den Umgang mit Zahlen, Daten, Statistiken etc. schon immer geliebt?
Sarah Neumann: Eigentlich habe ich mich für Mathematik schon seit der Schulzeit interessiert. Auch privat löse ich gerne Rätsel. Das Schöne an der Mathematik ist, dass Probleme klar definiert werden können und man sie durch logisches Denken lösen kann. Hinsichtlich der Rätsel mag ich insbesondere Logikrätsel wie beispielsweise das »Lichtschalterrätsel«, Formenrätsel (Wie bekomme ich alle Formen in einen bestimmten Behälter?) oder logischen Zahlenfolgen. Exit Rooms finde ich auch gut – vor Ort sind sie aber schöner als online.
Du bist jetzt Tutorin an der EuroFH geworden. Warum engagierst du dich für diesen Studiengang? Und was möchtest du den Studierenden mitgeben?
Sarah Neumann: Gerne möchte ich den Studierenden die Begeisterung für die Mathematik näherbringen und ihnen Wissen zu logistischen Netzen mitgeben. Ich möchte den Studierenden die wichtigsten Modelle an die Hand geben und sicherstellen, dass diese bei ihnen im Gedächtnis bleiben und sie diese für ihren Kontext anwenden können.
Wenn du Studierende, die bisher kein Faible für Mathematik haben für das Modul »Modelle und Verfahren zur Planung von Logistiknetzen« (MOPL) begeistern sollst, was sagst du Ihnen?
Sarah Neumann: MOPL befasst sich ja nicht mit klassischer Schulmathematik oder der theoretischen Mathematik, es ist anwendungsspezifischer und so ist der praktische Nutzen dahinter auch klar ersichtlich (z. B. Wie finde ich den kürzesten Weg von A nach B?). Wichtig ist auf jeden Fall das Nachhaken und Fragen stellen und nicht gleich aufgeben. In diesem Modul kann man Grundlegendes für die Problemmodellierung lernen. Die Probleme sind im Modul greifbar und ich finde das ist ein schöner Anreiz, sich näher mit dem Thema zu beschäftigen.
Wenn du aus deinem Erfahrungsschatz als Studierende und als Tutorin greifst. Welche Tipps fürs Studium kannst du unseren Studierenden mitgeben?
Sarah Neumann: Man sollte möglichst viele Übungen machen, zu dem was man im Modulheft gelesen hat, um ein besseres Verständnis zu entwickeln. Außerdem Fragen stellen und sich nicht abschrecken lassen, auch wenn es etwas schwer erscheint. Das ist so meine Erfahrung und nach und nach versteht man immer mehr.
Welche Lektüren und Informationsquellen kannst du zum Modul »MOPL« empfehlen?
Sarah Neumann: In Bezug auf meine Arbeit lese ich hauptsächlich problemspezifische Paper. Ich empfehle jedoch im Bereich »operation research« zu suchen, denn hier gibt es auch Themen die im Modul MOPL behandelt werden. Es gibt auch eine Gesellschaft für Operation Research GOR. Die Mitgliedschaft ist zwar nicht kostenlos, aber hier werden regelmäßig Themen prämiert, die anwendungsnah und interessant sind.
Darüber hinaus kann ich noch einen Filmtipp nennen: »Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen«. Das ist ein preisgekrrönter Spielfilm, beruhend auf einer wahren Begebenheit. Es geht um drei afroamerikanische Mathematikerinnen, die bei der NASA angestellt waren und maßgeblich am Mercury- und Apollo-Programm beteiligt waren.
Wie und wo können dich die Studierenden bei Fragen erreichen?
Sarah Neumann: Am besten über das Studierendenportal, bei Bedarf kann auch gerne ein Termin für ein persönliches Gespräch vereinbart werden.
Welches wäre dein Traum-Reise-Ziel, wenn Zeit und Geld keine Rolle spielen?
Sarah Neumann: Das ist eine schwere Frage, am liebsten möchte ich die ganze Welt sehen. Mich interessiert Südamerika, insbesondere Peru, eine Trekkingwanderung zum Machu Picchu wäre toll.