Entwicklung der bayerischen Handlungshilfen zur Motivationssteigerung im Alltag von Berufskraftfahrer:innen im Nahverkehr

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Das Forschungsprojekt Leitfahr3 zur Entwicklung bayerischer Handlungshilfen zur Motivationssteigerung im Alltag von Berufskraftfahrer:innen im Nahverkehr ist abgeschlossen.

Zentrale Ergebnisse

Folgende fünf Leitlinien wurden im Projekt identifiziert und stellen zugleich die wichtigsten Erkenntnisse dar:

LKW-Fahrer:innen fühlen sich umso wohler und sind umso motivierter,

  • je besser sie in die Kommunikation des Unternehmens eingebunden werden und je klarer ihnen Entwicklungsperspektiven aufgezeigt werden.
  • je strukturierter und verlässlicher arbeitsteilige Arbeitsabläufe organisiert sind. Das gilt sowohl intern bei der Zusammenarbeit mit Disposition, Vertrieb und Lager, aber besonders auf der Schnittstelle zu anderen Unternehmen (Be-/Entladesituation).
  • je effizienter und verlässlicher IT-basierte Kommunikation die Abläufe unterstützt und je besser sie für die LKW-Fahrer:innen zugänglich ist.
  • je verlässlicher und anforderungsspezifischer die Ausrüstung (Fahrzeug und Hilfsmittel) der LKW-Fahrer:innen gestaltet ist.
  • je besser vorbereitet das Transportgut für den eigentlichen Transport vorzufinden ist.

Die Leitlinien wurden im Projekt in neun Maßnahmenbündel konkretisiert, die jeweils spezifische Einzelmaßnahmen enthalten, welche wiederum direkt an den Ursachen für Stress und Demotivation ansetzen.

Beispiele für solche Ursache-Wirkungsbeziehungen sind:

  • Stammdatenproblematik: Trotz eines funktionierenden Tourenplanungssystems fehlen oftmals wichtige Daten wie Öffnungszeiten der Abladestelle oder Sonderwünsche des Kunden. Dies erschwert die Arbeit der Fahrer:innen und demotiviert sie.
  • Infrastruktur: Die digitale Technik muss zuverlässig funktionieren. Viele Fahrer:innen arbeiten bereits mit PDAs (Personal Digital Assistant), jedoch funktionieren diese nicht immer zuverlässig, z.B. weil sie nicht geladen sind oder kein WLAN verfügbar ist. Dies zwingt die Fahrer:innen, auf andere Kommunikationskanäle auszuweichen, was zu Problemen und Stress führt.
  • Prozessoptimierung: Gute Prozesse an internen und externen Schnittstellen sind entscheidend. Wenn Lager- und Beladungsprozesse nicht abgestimmt sind oder die Ware nicht korrekt bereitgestellt ist, erzeugt dies Stress bei den Fahrer:innen. Unklare Zuständigkeiten führen zu Unsicherheit. Eine Optimierung der Lagerprozesse erhöht nicht nur die Effizienz im Lager, sondern auch die Motivation der Fahrer:innen und anderer Mitarbeiter:innen, da Stressfaktoren minimiert werden können.

Maßnahmenkatalog

Die Ergebnisse wurden in anwendbarer Form für alle Zielgruppen aufbereitet und inklusive weiterführender Lösungsansätze in einen frei verfügbaren Maßnahmenkatalog überführt. Dieser steht allen Interessent:innen zur Verfügung. Die kostenfreie Studie kann unter folgendem Link vorbestellt werden: https://www.tha.de/Wirtschaft/Projektstudie-LeitFahr.html.

Fragestellung im Projekt

Einschlägige Studien prognostizieren: Für die EU, Deutschland und Bayern droht eine weitere Verschärfung des bereits herrschenden Fahrermangels. Über 80 Prozent der deutschen Logistikdienstleister geben Fahrermangel bereits heute als große Herausforderung an. Der Beruf »Berufskraftfahrer:in« gilt (besonders bei Jugendlichen und Frauen) aufgrund der Arbeitsbedingungen als unattraktiv. Der Fahrermangel ist auch in den eher als attraktiv geltenden Bereichen der Logistik angekommen, wie z.B. Nah- bzw. Verteil- und Sammelverkehre, und bedroht potenziell die regionale Versorgungslage. Deshalb müssen auch im Nahverkehr die Arbeitsbedingungen und Prozesse verbessert werden, um die Motivation und Gesundheit der Fahrer:innen zu fördern.

Projektteam

Vor diesem Hintergrund haben der Bereich Supply Chain Services des Fraunhofer IIS, das Institut für Psychologie im Arbeitsleben der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und die Forschungsgruppe für optimierte Wertschöpfung der Hochschule Augsburg gemeinsam mit Logistik-Partnerunternehmen bayerische Handlungshilfen zur Motivationssteigerung im Alltag von Berufskraftfahrerinnen und -fahrern entwickelt.

Der Mensch im Zentrum der Untersuchungen

Mit dem Ziel, die Attraktivität des Arbeitsumfeldes im Nahverkehr zu steigern und die vorhandene Fluktuation zu hemmen, wurden im LeitFahr³-Projekt alle Bereiche des mobilen Arbeitsumfeldes analysiert und Maßnahmen definiert. Dabei war der Mensch, also die Fahrerin oder der Fahrer, als zentrale Zielgruppe der Maßnahmen bei Analyse und Maßnahmenausarbeitung stets im Fokus. Die physische und psychische Gesundheit wurde als Basis für die Motivation betrachtet. Bestehende Maßnahmen zur Förderung intrinsischer Motivation wurden untersucht und neue entwickelt, die sich aus dem direkten Arbeitsumfeld heraus ergeben.

Methodik

Die Forscher:innen des Projekts griffen methodisch auf eine Interviewstudie mit ca. 100 Interviews und mehreren Fokusgruppen zurück. Die Fokusgruppen bestanden jeweils aus Expert:innen der beteiligten Berufsgruppen sowie den Fahrer:innen selbst. In den Fokusgruppen wurde der Arbeitsalltag der Fahrer analysiert, um Stressoren und motivierende Faktoren zu identifizieren. Anschließend wurde mit Hilfe von Ursache-Wirkungsanalysen und Use-Cases die Ursachen von Stressoren analysiert und die motivierenden Faktoren konkretisiert. Dies bildete die Grundlage für die Entwicklung von Maßnahmen und Lösungsansätzen.

Partnerunternehmen

  • Andreas Schmid Logistik GmbH
  • Ansorge Speditions GmbH & Co KG
  • Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen GmbH
  • Getränke Ziegler GmbH
  • igefa Dresden GmbH & Co. KG
  • Konrad Kleiner GmbH & Co KG
  • Metro Deutschland GmbH

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